20.03.07

Can zombies fly somewhere over the rainbow

IT WAS HERE PT.II
'Yer hips are attached to 'yer bones an' 'yer bones are attached to 'yer hips

Herr Wagner!
Frau Hain ihr Kater ist gestorben. Und sie hat noch etliches Futter oben. Und einen Kratzbaum.
Ich geben Ihnen die Telefonnummer mit 43...von Frau Hain.
Im 4.Stock.
Gr. Fr. Fricke.
Entschuldigen Sie wegen der Schrift. Aber die vielen Tabletten morgens. Mir zittert der ganze Koerper.

auch ich machte eine reise.
einen tag vor der abfahrt versuchen, dem hund noch mal was gutes zu tun- einen langen spaziergang. am fruehen abend auf einer bank im schanzenpark sitzen.
groelende stimmen naehern sich.
dicht nebeneinander ziehen zwei sehr junge punkerinnen an unserer parkbank vorbei. dicht laufen sie nebeneinander, fast untergehakt. lallen laut einander an. beide halten bierflaschen. beide laesst babyspeck pummelig wirken. eine humpelt, schleift einen fuss mit großem springerstiefel hinterher. zielstrebig rumpeln sie richtung minimal, fuer mehr bier. zehn minuten spaeter kommmen sie zurueck, jetzt einander stuetzend. beide jetzt humpelnd. halten an der naechsten bank. das maedchen mit den vormals gesunden fuessen stuetzt schwer sich ab an der freundin, zieht schwankend einen stiefel aus, muss dabei auf einem bein hin-und her huepfen, lautes fluchen schallt herueber- es ist schwer, die pippi-langstrumpf ringelstruempfe auszuziehen. schluck bier wird genommen, struempfe werden wieder angezogen, dabei sich schwerfaellig huepfend an der bank festgehalten. noch mehr bier, stiefel auch wieder angezogen, dabei schwanken, alles dauert sehr lange. dann haken die beiden dicklichen maedchen sich unter, humpeln wackelig langsam und laut davon.
wir bleiben auf der bank sitzen, noch eine weile. ich denke an moegliche filme und an harmony korine.
im flugzeug fange ich an zu lesen, 'malone stirbt' von samuel beckett.
(ich weiss, in welchem Jahr ich geboren wurde, ich habe es nicht vergessen, ich weiss aber nicht, bei welchem jahr ich jetzt angelangt bin. aber ich glaube, dass ich seit geraumer zeit hier bin. denn ich weiß wohl, was die verschiedenen jahreszeiten mir im schutz dieser waende antun koennen. so was lernt man nicht in ein oder zwei jahren.)
nach etwa zehn seiten muss ich aufhören damit, es ist unglaublich deprimierend. gerade am anfang der eigentlichen geschichte höre ich auf zu lesen, aber im moment und meiner jetzigen geistigen verfassung kann ich einfach nicht mehr davon ertragen.
bei der ankunft in dublin scheint die sonne, aber wir müssen hinein, pässe zeigen und kilometerweit stickige gänge entlanglaufen, um unser gepäck wiederzubekommen.
in der gangway alle zwei meter plakate mit samuel becketts porträt drauf oder mit ankündigungen für theaterstücke, musicals und was noch möglich ist mit beckett.
es ist beckett jahr.
tage voll von würziger luft, weite, regen und nassen füßen, die müdigkeit hervorruft und appetit macht auf kekse und gekochtes essen am abend. vor dem schlafengehen sind nur wenige seiten dostojewski möglich und doch ist "der spieler" zu schnell ausgelesen.
die bàbuschka brachte mich dazu, laut herauszulachen: "schlafmützen seid ihr alle, ohne ausnahme!"; oh, ein schönes buch!
das meer so dicht an den bergen bei strahlendem, plötzlichem sonnenschein lässt mich hüpfen am strand- am einzigen tag, an dem wir nicht in den regen kommen-sonst steht abends jeden tag erneut das wasser in kleinen pfützen vorne in den schuhen, mal mehr wasser, mal weniger.
ich denke an die aussicht von meinem schreibtisch aus auf das altersheim der freimaurer und das dieser aussicht zugehörige gefühl lässt mich schon im voraus verzweifeln.
hungrig nach luft, nach weite und farbe und dem gefühl, daß der druck um meine augen herum sich verringere- ein gefühl, das ich sonst mühsam und teuer durch das trinken von sechs flaschen evian am tag erreichen kann- schmieren wir tagtäglich pausenbrote und wickeln keksportionen in frischhaltefolie. ganz oben auf dem berg wollen wir essen. im radio wird über die glaubwürdigkeit des kinofilms "da vinci code" im bezug auf die katholische kirche diskutiert und eine anhängerin der dogmatischen opus dei organsiation berichtet über die praxis der selbstzüchtigung, eine schöne überleitung zum nächsten diskussionsrunde in deren mittelpunkt die frage, ob geschlechtskrankheiten bei teenagern eher durch das benutzen von kondomen oder durch den grundsätzlichen verzicht auf geschlechtsverkehr vor der ehe einzudämmen seien, steht.
drüben auf dem hügel möcht ich sein, im letzten abendsonnenschein.
"ich nahm das geld und das papier, auf das mit bleistift die abrechnung geschreiben war, machte eine kurze höflichkeitsverbeugung gegen den general und sagte sehr ernst:
"damit ist die sache natürlich nicht abgetan, general. es tut mir sehr leid, daß sie sich unannehmlichkeiten ausgesetzt haben, doch -verzeihen sie- die schuld daran müssen sie nur sich selbst zuschreiben. wie kamen sie dazu, dem baron gegenüber die verantwortung für mich zu übernehmen? was bedeutet der ausdruck, daß ich 'zu ihrem hause gehöre'? ich bin oder war nur lehrer in ihrem hause und nichts weiter. ich bin weder ihr sohn noch ihr mündel, weshalb niemand sie für meine vergehen verantwortlich machen kann. ich bin eine juridisch unabhänige person, bin fünfundzwanzig jahre alt, kandidat der philosophie, bin edelmann und ihnen ein vollkommen fremder. nur meine unendliche achtung für ihre verdienste hält mich davon ab, sie um rechenschaft zu bitten und ohne weiteres genugtuung dafür zu verlangen, daß sie sich anmaßen, für mich die verantwortung übernehmen zu wollen."
rekapitulation am verkaterten tag nach der hochzeitsfeier der ehemaligen freundin und nachbarstochter, die, nicht viel älter als ich, mir mit und beim monopoly, das wir tagelang in ihrer küche spielten, während genauso ununterbrochen auch der fernseher lief, englisch beibrachte, mit mir pennysweets kaufen ging- wir liefen oder trampten dafür gemeinsam täglich etwa sechs kilometer weit- mich zigaretten von meinen eltern klauen ließ, mich dann das rauchen lehrte und zum erstenmal mit in die disco nahm, die wiederum ich vor der kirche auf berge steigen ließ und in leerstehende häuser mitschleppte und auch ans meer, die, krankenschwester geworden, aus liverpool zurückkehren musste, um als jüngste und ledige von vier kindern erst mutter und dann vater zu pflegen, die immer noch sehr laut lacht, jetzt aber blond und frisch verheiratet ist.
dieser freundin zuliebe esse ich also die suppe mit schinkencroutons- zum erstenmal seit vierzehn jahren verzehre ich bewußt etwas mit fleisch. bei 250 geladen gästen im landmark hotel, brandnew im chic des vorletzten turn-of-the-century, fällt das kaum auf. ich antworte auf fragen jedesmal mit `yes, i'm enjoying myself, very fine, it is a great day' und die katholische kommunionsoblate in der früh schmeckte nach nichts. ich spüle aber auch mit etlichen pints und etwas whiskey. im laufe des abends zu späterer stunde fängt dennoch jener beobachtungsposten, den ich vermeine innezuhalten, an, sich aufzulösen. ich grinse dämlich weiter, auch bei den fragen nach unserer baldigen hochzeit, was sich schon zu diesem relativ frühen zeitpunkt unhöflich mir selbst gegenüber anfühlt. schließlich dann läßt mein begehren und hoffen auf wahre freude beim tanz mich einbrechen. versuche ich anfangs noch mitzumachen, tritt etwas später ein gefühl starker entfremdung ein. die musik, in die ich so freudige erwartung gesetzt habe, tut mir plötzlich umso weher und ich kann mich beim hilflosen versuch, ebenfalls bierselig untergehakt die beinchen zu schwingen, zu präzise beobachten. plötzlich ist alles widerlich. ich habe die kraft von fußballchören unterschätzt.
meine begleitung hat das schon früher erkannt und sitzt etwas unglücklich in der lobby. schnell verlassen wir das fest.
am nächsten tag ein bitterer geschmack im mund.
'herrgott, was gehen mich aber die gesetze der natur und der arithmetik an, wenn mir aus irgendeinem grunde diese gesetze und das zweimal-zwei-ist-vier nicht gefallen? versteht sich, ich werde solch eine mauer nicht mit dem kopf einrennen, wenn ich tatsächlich nicht die kraft dazu habe, aber ich werde mich mit ihr doch nicht aussöhnen, bloß weil es eine mauer ist und meine kraft nicht ausreicht.'
...sich mit keiner dieser unmöglichkeiten und mauern aussöhnen, wenn es einem vor dem aussöhnen ekelt; auf dem wege der unumgänglichsten logischen kombination zu den allerwiderlichsten schlüssen kommen- über das ewige thema, daß man sogar an der steinmauer irgendwie selbst schuld ist, obgleich es wiederum bis zur durchsichtigkeit augenscheinlich bleibt, daß man durchaus nicht schuld ist- und infolgedessen schweigend und machtlos zähneknirschend, wollüstig in der trägheit ersterben.'
zwei tage vor der abfahrt denke ich abends im sessel mit wärmflasche sitzend an heute links und rechts aus dem auto gesehenes: braun-blaue berge mit heidekraut und moos und nasses neongrün leuchtendes gras, sonnenstrahlen auch auf den tropfen auf der windschutzscheibe, country im radio und fange an zu weinen.
in hamburg setzt sofort das gefühl ein, nun wieder aushalten zu müssen. gedanken an arbeit, nur, um die zukünftige flucht zu ermöglichen, bilden darin rettungsanker.
im park sitze ich nun auf einer bank mit r., davor der hund. eine ältere dame und ein herr passieren, sie redet monoton zu ihm hin, dreht, als sie den hund sieht den kopf und fragt mich mit im selben tonfall und mit dem selben atem, ob der hund eine prothese bekommen könnte. r. setzt ein mit der antwort 'ja, das geht'. ich falle ins wort und sage laut: 'hören sie mal, ich will überhaupt gar nicht mit ihnen reden gerade!' die frau sagt:'ich will aber mit ihrem freund reden'. 'mit dem rede ich nun gerade, es ist wirklich eine unverschämtheit, was fällt ihnen ein, das kann ja wohl nicht sein'. die frau stülpt ihre augen aus und sagt vorwurfsvoll mit geneigtem kopf zum hund hin: 'ich habe ja nur mitgefühl'. ich erwidere sehr laut: 'ja eben mehr mit hunden, als mit menschen, es ist wirklich eine unverschämtheit!'
gegen das gefühl der aggression und des gelähmtseins hilft auch joggen nicht.
ich vermisse die unaufdringliche gesellschaft der dauernden begleitung und zwinge mich in einsamkeit hinein, als könnte ich dadurch noch unabhängigkeit beweisen. alleine zu hause schreibe ich gegen den kloß im hals.

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