20.03.07

Ever Glory Havarie No.3



rewind.

ever green:
die neue digitalcamera für 800 euro funktioniert nicht, zu dicht an der 30euro teuren babyfonanlage steht sie. zum glück gibt es noch die aus einem denkfehler entstandene dvd. damit wird dann die projektion zur einführungsrede improvisiert.
ever decent:
in der projektion flackert ein telefon und itty liest sehr monoton von frauenmord. im publikum kippt eine junge frau mit sehr roten lippen wie ein medium vom stuhl. dr.legasto ist begeistert, schwenkt aber unentschlossen, zu spät mit der kamera hinterher.
die junge frau trinkt wasser aus dem ginglas und geht dann. die lesung geht weiter.
ever level:
die gogo bühne wird vom publikum nicht als solche gelesen, da itty aussieht wie ein superheld. oder weil sie nicht tanzt.
ever delight:
die reise ist langweilig und man starrt gegen die wand. am ende versuche ich, das sitzen lange auszuhalten. ich hätte aufstehen sollen und rufen: wir wollen weg! wir wollen weg!
heute:
ich bin so müde, daß ich mir noch nichtmal mehr das kindertheater mit den schweinchen anschauen kann, nur höre, wie der puppenspieler, der eigentlich kartoffelbauer ist und dem auch die galerie mitgehört, die kinder mit linda kartoffeln bewirbt. linda. rufen sie. linda. der drucker, der den heutigen text drucken sollte, hat keine tintenpatrone mehr.

EVER GLORY
Havarie nr. 5
(failed video nr. 5)

der maler sagt: immer male ich an einem bild und gebe mir die grösste mühe. wenn ich glaube, fertig zu sein trete ich zurück und schaue es mir an. jedesmal bin ich wahnsinnig enttäuscht, daß doch nur wieder ein bild herausgekommen ist.
eine lesung. es ging um rahmen, um bedingungen und um das ignorieren der bedingungen. wie man freiwillig zum halbtoten wird. ich beschloss, die lesung I NEED YOUR HEAD- this ain't no rock'n roll show zu nennen, nach einem song von hasil adkins. ich fand das passend, denn in dem song geht es darum, daß es keine rock'n roll show ist, wenn man den kopf gebraucht, um ihn bei sich an die wand zu hängen.
ich male dann fröhlich zu musik aus dem radio ein bild, in öl. darauf sieht man zwillingsschwestern auf einem sofa sitzen. an der wand über dem sofa hängt ein portrait von elvis. die schwestern sind im rock'n roll stil der 50er gekleidet. sie sagen "wir sind die töchter von elvis". elvis schlief mit ihrer mutter, als er auf durchreise war nach michigan oder tenessee, zurück in seine heimat jedenfalls. sie sind große elvis fans, denn sie haben rock im blut.
der sprecher im radio sagt: "R.I.P. hasil". mein gott, ist hasil denn tot!? ich bin davon ausgegangen, daß er noch lebt. das kann nicht sein. im tod wie im leben, sagt der sprecher. ich drehe das radio lauter. es gibt keinen zweifel. heute, jesus christus, genau heute. vor acht stunden. siedendheiß durchfährt es mich: ich habe die zeitverschiebung nicht bedacht!
nicht länger als eine viertel stunde kann es her sein, da wurde hasil, whiskey in der hand, auf dem rücken die geliebte gitarre, in memphis tenessee von einem 40tonner überrollt.
morphic resonance, telepathie, phantom limbs.
ich bin überzeugt, daß ich nicht hasil adkins tochter bin, aber was soll das dann. die toten sollen mich verdammt in ruhe lassen. das phänomen muß ausgetrieben werden. tod den toten! weg mit dir, hasil- zombie, meinen kopf kriegst du nicht!
ich nehme meine textblätter, drehe sie auf den kopf und nagle sie mit drei dicken nägeln an die wand, über ein bild von sonic youth, "satan is boring" steht darauf. we get the lies you get the fire. you'll never burn. you get my lies i get the fire.
society is a hole it makes me lie to my friends.

itty marlowe minchesta sitzt im ausstellungsraum ihrer ladenwohnung in einer gegend von hollywood, die stark durchsetzt ist von nagelstudios, handyläden, porno-kinos und frittenbuden. die lady nebenan hat haare auf den zähnen und ein anderer nachbar ist geschäftsführer eines handyladens, lebt aber vom verkauf von donuts.
marlowe-minchesta fühlt sich hier zuhause. das schreiben ging ihr jedenfalls prächtig von der hand, auch wenn sie noch immer keinen blassen schimmer hat, was zum teufel man überhaupt damit anfangen kann, jedenfalls ist ihr stuhl unterm arsch immer noch da, obwohl sie dauernd dagegen tritt beim schreiben. sie wohnt hier noch nicht lange genug, als daß sich staub und bierflaschen in nennenswertem umfang hätten ansammeln können, aber sie hilft nach, so gut sie kann. der einzige touch, dem sie dem laden gab, ist ein ölschinken, den sie ins schaufenster gehängt hat. er ist von ihrem kollegen paul dose, und er ist nicht übel.
sie öffnet eine der bierdosen, die ich mitgebracht habe, um die unterhaltung zu erleichtern. marlowe minchesta ist immer in grün und weiß gekleidet, allerdings in unvorteilhaften kombinationen, heute z.b hat sie dieses komische ding von hut auf dem kopf, daß an ein ein gehirn erinnert, sie allerdings eher wie ein kindliches playboy- häschen aussehen lässt, ohne den sex-appeal allerdings. sie wirkt locker und relaxed, jedenfalls lockerer als ich- die nähe solcher repräsentativer ölschinken wirkt immer etwas erdrückend, wenn man sie so dicht vor sich hat. außerdem habe ich mich von den leuten, die sie gut kennen, darüber aufklären lassen, daß man bei ihr auf alles gefasst sein muss. ihre bekannten meinten, sie werde mich und meine fragen tolerieren, aber so etwas wie gastfreundschaft sei bei ihr nicht zu erwarten. ich bin deshalb übberrascht, daß sie sich die mühe macht, für mein wohlbefinden zu sorgen, indem sie mir ein bier in die hand drückt, einen fernseher anschaltet und dann verkündet:
ich bin schon fast den ganzen tag am sprechen, aber mach dir keine sorgen, ich werde kein fenster einschlagen und auch sonst nichts zertrümmern. die hütte wird nicht brennen, ha, ha. ich bin letztendlich doch ein friedlicher sprecher, die meiste zeit jedenfalls. schwierigkeiten mach ich nur, wenn ich gin trinke. wenn dann leute um mich rum sind, benehm ich mich immer daneben, werde ausfällig oder fange streit an und das kann probleme geben. deshalb versuche ich es jetzt immer so einzurichten, daß ich dabei allein bin. daß was die andern dann in meinem glas sehen, ist immer wasser. keine ausfälligkeiten mehr, obwohl, naja ich vemisse das auch.
sie sagt. weißt du, ich habe immer schwierigkeiten, mit den leuten klarzukommen. der miese knochen, der ständig die leute unbehaglich macht. weil er zu pöbelig ist, oder zu nett. ich sage, daß ich keine menschen um mich haben will, aber wenn dann welche da sind, ist es in wirklichkeit so, daß sie mir ganz schön was geben. ich sage, daß ich menschen um mich haben will. und wenn dann welche da sind, ist es in wirklichkeit so, daß ich gar nicht mit ihnen reden kann.
weißt du, ich glaube heute, daß meine erwartungen einfach zu hoch gespannt waren, daß es das wirklich vielleicht gar nicht mehr gibt. die menschen einfach nicht mehr reden können, daß sie nicht mehr zuhören können, daß diese ganze hoffnung, man hat jahrelang darauf gehofft, daß man sich mal richtig nach herzenslust ausquatschen möchte, über gott und die welt und über die ganzen scheißprobleme, das gibts nicht, ich fand keinen einzigen. ich sehe auch mich und in meiner umgebung niemanden, der dazu in der lage wäre. und daß das klar ist, daß ist nicht persönlich gemeint. wirklich nicht, ich meine. ich spreche von all diesen sachen, fast denke ich, daß es nicht mehr möglich ist, fehler zu machen, frauentangaslips, eiterbeulen und wut, und bin auf der suche nach einem tunnel durch den ich fallen kann. weitermachen ohne aufzuhören. vielleicht muß ich dann auch nicht mehr soviel sprechen,
und dann muss ich auch noch dauernd in diesem schaufenster sitzen, es ist ja sogar schon fast so etwas wie mein job geworden. die leute kommen vorbei und denken, ich mache da einen porno club, oder dreh im keller pornos. oder ich mach virtual reality. ey, machst du virtual reality, hat mich neulich einer gefragt. ja, das trifft es ganz gut, hab ich dann gesagt. stimmt ja auch, nicht. hier drin brennt die hütte schließlich nicht, sagt sie und zeigt auf den ölschinken mit dem brennenden schiff. nee, da muss man ab und zu mal raus, gar nicht weit. ich habe keinen flaschenöffner, also geh ich nach nebenan in die kneipe, die dame mit den haaren auf den zähnen schreit mich dann jedesmal an, ich mit meiner scheißgalerie, überalll diese lackaffen und bei den eröffnungen stehn die leute bei ihr vor der türe rum und saufen ihr nobelbier. sie kommt sich dann vor wie ein ausstellungsobjekt. sie sagt: es gibt hier nichts für uns zu essen. die leute in beigen hemden und hellbraunen hosen haben schon alles aufgegessen. in den mund gestopft, gleich nachdem das buffet eröffnet wurde, die münder kauen noch. dann gehen sie aufs klo und rülpsen, ziehen bei der gelegenheit nochmal die helllila lippen nach und zupfen sich ein haar von den zähnen.
niedlich, sagen die dann immer, die dame mit den haaren auf den zähnen, ein richtiges original. dann öffnet sie mir die flasche.
ich geh dann raus, wieder zurück in mein geschäft, setze mich auf die bühne.
es gibt eben bühnen, leute oben auf der bühne, welche dahinter und welche davor.
das sind doch die wichtigsten situationen im leben, dass man kommt dabei nicht mehr heraus.

ich habe mir also einen container gebaut.
von drinnen ein blick auf das geschehen.

ein blick von einer treppe auf den hafen, ein blick von einer promenade auf den hafen, ein blick von der bühne, geblendet von licht.
der blick von der bühne ist also getrübt, wenn nicht verblendet.
ich hab aber was gelernt: man muss sein haus aus stein bauen, sonst kommt der böse wolf und pustet es mit seinem schlechten atem um.
widersprechen dagegen kann man ja immerhin noch.
ich hätte aufstehen sollen und rufen: wir wollen weg! wir wollen weg!
ich kam jedesmal zurück in den laden. da hatte ich mein bier und meinen hasil im radio. eine isomatte zum pennen und meine scheibmaschine, ich onanierte viel. schrieb eine menge zeug.
ein viertel weisser wand zweier kritischer videopoetikerinnen, auf die ein junger genderfucker mit dem dicken hard to buff edding und mit unterstützung ehemaliger kritischer studierender eine nervöse destroyer line getaggt hat, abgebaut. das viertel in das kleine auto geklemmt, in die kartoffel galerie gefahren, wieder aufgebaut und grün gestrichen. havarie bild dran gehängt. den billigsten messe teppich von bahr 3x4m ausgelegt. vier schwere monitore draufgeschleppt. alles unter konstantem streit und mit kopfschmerz.
die wand steht bis zum schluß, die bonbons hat nur ein kleiner junge weggenscht und der hund hat in der letzten nacht auf den billigen aber sauberen teppich draufgepinkelt, heimlich und hechelnd. draußen war sturm der besoffenen.
der mann mit den beiden spazierstöcken wie fühler, die niemals den boden berühren dürfen, freut sich über den dreibeinigen hund und denkt: schon wieder ein neuer laden, es ist so schwierig sich hier in der gegend zu halten. leider gibt es den chor nur aus der fischkiste, der sekteiskiste und nicht von der wand. die boys vom handyladen nebenan streiten sich schreiend über 3 oder 6 megapixel. die kleinen brüder denken, im keller wird ein porno gedreht und ahmen die fickbewegungen der mechanischen puppe vor dem schaufenster nach. gegenüber lächelt die schöne meerjungfrau. die seepferdchen barkraft und ihr tresengast gucken neugierig auf kölsch, warum die bullen die straße absperren mit blaulicht. auf der noch größeren straße demonstriert gewerkschaft gegen das hummelflugzeug.
alle 15 min laufen 20jährige rocknroll kleinfamilien oder kunsthühnchen vorbei und abends sind immer junggesellengruppen in herrenhemden wie bildstörungen oder fleischerei verpackungspapiercolllagen besoffen unterwegs ins musicaltheater und in den puff und machen glassplitter auf den gehweg. das bild ist so groß, daß es nicht mehr als bühne wahrgenommen werden kann.

ab wann glaube ich, daß es sich um theater handelt? kann ich der oberfläche trauen?

ich stehe also auf einer bühne. es gibt eben bühnen, leute oben auf der bühne, welche dahinter und welche davor.

das bild ist so groß, daß es nicht mehr als bühne wahrgenommen werden kann.der maler sagt: immer male ich an einem bild und gebe mir die grösste mühe. wenn ich glaube, fertig zu sein, trete ich zurück und schaue es mir an. jedesmal bin ich wahnsinnig enttäuscht, daß doch nur wieder ein bild herausgekommen ist.
während er am bild gemalt hat, ist sein modell gestorben, mindestens vier pinsel sind zerbrochen, sein hund hat im studio auf den teppich gepinkelt und eine menge bekannter sind vorbeigekommen. er aber musste die ganze zeit malen und hat es noch nichtmal hingekriegt, das wasser in der ginflasche gegen echten alkohol auszutauschen.

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