24.09.07

Containerkaputt

Performed 22.09.07 at Hafenklang, Hamburg

CONTAINERKAPUTT
(Sex,Drugs and Rock'n'Roll)

Itty Nerdiva and Captain Legasto
feat. Sailorboy Grimm




disco ist scheiße!
ich war in dieser teenie kaputt stimmung, schon seit wochen. ich hatte ordentlich vorgeglüht, bier und schnaps zum halben preis in der kneipe, in der ich manchmal arbeite und gin- tonic bei den punker-assis gegenüber, der dort so richtig billig ist, weil man anderweitig draufzahlen muss, mit lebensenergie nämlich. voll die zombie party ist da immer im gange. man kann nichtmal nostalgisch werden dabei. in der tür saß einer auf einem barhocker und hatte nen rotzeanfall, zog immer die rotze hoch und hustete dann, dann wieder rotze, das ging fünf minuten, dann kotzte er und fiel vom stuhl, mitten in den raum rein, lag da wie tot. also hat ihm sofort einer voll in die eier getreten, bot sich ja an. auf der eckbank neben zwei fummelnden kiddiepunks saß einer zusammengesunken und pennte. war ganz friedlich, ratte auf der schulter und so, aber jedesmal, wenn die tür quietschte und wer reinkam, wachte er auf, haute mit der faust auf den tisch und brüllte 'bambule! bambuuuuhhle'. die tür ging dauernd, weil das ist ein durchgangsladen. alle sitzen draußen und genießen den blick auf die containerschiffe im dock.
ich war jedenfalls schon ziemlich betrunken und musste den pegel halten, ich brauchte dringend bier oder irgendeinen schnaps, aber hier am arsch der welt gab es einfach keine verdammte tanke. eine scheiß party war das bestimmt. andere elbseite, hochglanzplakate, brückenschlag, stadtteilaufwertung, megahippness, daß ich nicht lache. meine hoffnung auf schnaps war auf null, aber endlich tauchte ein kiosk auf, erlösung. 24 stunden lang durchgehend konnte man dort schnaps und belegte brötchen kaufen, genau richtig also, aber meine beiden begleitpaare, die eben noch alle fünf minuten zwischenstopp eingelegt hatten, um rumzuknutschen, war ja alles so romantisch, rost, stahl, gammel und kräne, wollten plötzlich nicht mehr anhalten. auf einmal könnte die party schon vorbei sein, beeilung, außerdem wären wir sowieso gleich da.
also hab ich wütend mein fahrrad hingehauen, bin in das kiosk reingestapft und hab mir drei kleine jägermeister und einen küstennebel gekauft, aus frust, ich trink so zeug normal nicht. als ich wieder rauskam, waren die vier anderen weg, mein fahrrad sah aus wie ein toter elch und die kette war gerissen. ich musste also weiterschieben, alleine. die straße ging ewig geradeaus, freihafen eben, total einsam, komische industriegeräusche, tote tauben auf dem asphalt, diffuses gelbes licht und der mond war auch ganz orange und weil ich nicht wirklich wusste, wonach ich suchen sollte, vielleicht war diese blöde party in einem ehemaligen bunker und von außen daher nichts zu hören, war ich die ganze zeit ein bisschen angespannt. aber endlich sah ich mein ziel: ein holzverschlag mit bunten lichterketten dran auf einer feuchten wiese. es wummerte bass.
ich kletterte über einen stacheldrahtzaun, um meinen weg zu verkürzen und riss mir ein loch in meine giftgrünen leggings. scheiße, scheiße!
die weiße rüschensocke ist über die ferse nach vorne in den schuh gerutscht. unter dem fußballen bildet sie einen schmerzhaften wulst aus feuchtem stoff. ich kann die socke nicht hochziehen, ich müsste den schuh ausziehen, alles liegt sowieso nur an diesen blöden schuhen. wie konnte ich bloß auf die idee kommen, sie ausgerechnet heute anzuziehen. verdammt spitze schwarze stiefeletten mit pfennigabsatz. zum rocking rave. ich hatte durch die nassen füße allerdings jegliche legitimation, später barfuß durch scherben zu tanzen, um eine feuertonne herum- aber noch war ich nichteinmal angekommen, bei derselbstbau boombox. weil ich mit den high-heels dauernd im schlamm steckenblieb, humpelte ich schwerfällig über die wiese und stellte fest, daß diese an einem kanal endete. der holzverschlag war gleich am anderen ufer, aber ich konnte nicht hin. das kanalufer war mit weiden bewachsen, die ins wasser hineinhingen und überhaupt war das gestrüpp ziemlich dicht. plastik hatte sich darin verfangen und leere dosen und ich hatte überhaupt keine lust, mich zu entkleiden und durch den kanal zu schwimmen. das wasser sah sehr braun aus. vielleicht waren krokodile drin. ich hätte mich ans ufer gesetzt und huckleberry finn gespielt, oder robinson, aber der fehlende schnaps, der blaue lidschatten auf meinen augen und auch mein kiss t-shirt hinderten mich daran. ich war kein kind mehr. meine füße waren naß, meine hose im arsch, es fing an zu regnen und ich hatte nichts mehr zu trinken. es machte mir keinen spaß. ich stapfte den kanal entlang, zur straße zurück, die ich mich endlose weitere windungen im kreis führte, bis ich endlich die blockbaucontainerhütte erreichte. alaska.
es ist neblig vor rauch hier drinnen, die tanzfläche aus festgestampftem lehm ist leer bis auf zwei langhaarige, die sich auf dünnen beinchen mit kautschukschuhen unten dran zu vierviertel applesound mit obertonpanflöten wiegen, köpfe in den nacken gelegt, die augen geschlossen und die arme weit ausgestreckt. die restlichen sechs leute stehen an einem tresen, der aus schrott geschweißt ist und reden über musik. oder über leute, die musik machen. oder über instrumente und verstärker. also über sich. über sich über sich über sich und ihre zwischenmenschlichen beziehungen und wie sich neulich d. wieder lächerlich gemacht hat, als er auf der party von m. m's fernseher aus dem fenster geworfen hat aus frust über die fehlende musik oder den fehlenden rock oder das fehlende geld oder aus eifersucht. d.ist ein stinker. d. steht für double trouble. dann geht die hüttentür auf und d. kommt rein. d. geht zum tresen und bestellt ein bier. alle sagen hallo, d. und ignorieren ihn dann. reden weiter über rock und sich, sagen sachen wie: 'leute gehen auf rockkonzerte, um leuten zuzuschauen, die an sich selbst glauben.' ich ziehe gelangweilt an der tüte, die mir in abständen von zehn minuten von einem der beiden langhaarigen tänzer gereicht wird. ich hab ewig nicht gekifft. eine von den tussies, die am arm von ihrem typen hängt sagt: 'du hast ein hübsches stimmchen, aber was du machst, ist einfach gemein. so ordinär. ich z.b. habe vielleicht eine spitze zunge, aber destruktiv bin ich nicht .' 'mensch, liz ist 22 und hat schon alles erreicht, was man in einem leben erreichen kann, jetzt kann sie sich nur noch umbringen, um ihre karierre zu retten, schau sie dir mal an, die fette sau! die ist nicht mal in der lage, ihr eigenes playback zu singen. oh gottchen!' ' 'ich glaub du hast recht.'
plötzlich schreit d.: ALLES GEHT KAPUTT! ! CONTAINERKAPUTT! CONTAMINIERT! ihr seid schweine! ich verachte euch! wir sind schweine!
ich verachte euch zutiefst! WIR SIND ZOMBIES! eure fressen gefallen mir nicht! von wegen hamburg rockt,alles pop! popperschweine! punk! punk! punk! für immer! soul! mind! fist! for ever ever, for ever ever ever! don't ever fuck with me! itty!
und dann haucht d. dem barkeeper und veranstalter, dem mac, dem don also, seinen stinkenden atem ins gesicht und macht: buh! ich muss lachen. das kommt gar nicht gut. alle drehen die köpfe zu mir und starren mich an, auch d. ein moment der stille. ich mache den fehler und sage leise: buh. d. ist mit drei schritten bei mir, sein gesicht ganz nah und schreit mich an:
hey, das ist meine show hier! i'm miss world! fucking loser! asshole!
der blockdon steht plötzlich auch daneben und sagt durch zusammengepresste dünne lippen mit bärtchen unten dran:
du spinnst wohl. ich hab mir das hier selbst aufgebaut, in der langweiligsten landschaft der welt, du pottsau. und du bist bloß ein durchgedrehtes lockengelöt, klöterst durch die gegend, schon seit wochen bedröhnt, hängst ab mit besoffenen. ich hab die schnauze voll. torten-gedöhns!
ich kriege einen lachkrampf. das kenn ich schon, das mit dem lachen, mein ich. passt nie, kommt in falschen hals, außer mit richtigen freunden, in der u-bahn, nachts nach st.pauli. die gesichter von diesen leuten...kann passieren, daß man dann aufs maul kriegt. ich lache nicht freundlich genug, so als würd ich auch sonst immer kichern, so mädchenhaft. alle wollen streß haben, sich prügeln, ich auch. ist wirklich wahr. ich steh drauf. jetzt gerade allerdings bin ich zu bekifft. hab ich ewig nicht gemacht, das kiffen. daher der lachkrampf vielleicht, war ja nicht witzig, der don nicht, d. nicht, die allgemeine situation nicht und die party langweilig. und jetzt stress. ich versuche mich zusammenzureißen, weil ich merke, daß ich gleich wieder lachen muss, das kommt vom streß. der stress macht, daß ich noch mehr lachen muss. das will ich dem don sagen, aber ich kann vor lachen nicht reden. sitze da auf einer holzkiste und hab schmerzen im unterleib vor lachen. gleich piss ich mir in die hose. der don sieht immer wütender aus, was hat der bloß, denke ich und muss weiter lachen, fängt an, spaß zu machen. vielleicht sollt ich mir in die hose pinkeln vor lauter rock. so g.g. allin. sollt ich dem don vielleicht vorschlagen, leg dich vor mich hin, don, auf den lehmboden und ich pisse dir in den mund, voll freakig wär das. vielleicht lieber nicht fragen, einfach machen. spontan sein. richtige fehler im richtigen moment. scheitern, ch stehe auf, ein bißchen unsicher auf den beinen, schwankend. wie soll ich den don bloß umhauen, daß er vor mir auf dem boden liegt und ich ihm in den mund pinkeln kann. denke, daß das aber eine gute idee wäre, ihn anzupinkeln. denke dann, daß ich das doch eben schon gedacht hab, das mit der guten idee. denke, diese schlaufen, daß ich immer alles wiederhole im kopf, das kommt vom kiffen. ich denke immer voraus, also schneller als ich kann, dadurch bin ich dann zu langsam im denken. vom kiffen kommt das, auch die beinchen so wackelig.
der don zieht eine fiese grimasse und fällt um, auf den lehmboden, direkt vor meine füße mit den nassen lack high heels. komisch. wieso liegt der jetzt da, ich hab doch gar nichts gemacht, aber umso besser, kann ich ihm jetzt easy in den mund pinkeln, muss ihn nicht erst umhauen. ich mache einen schritt zur seite und positioniere mich breitbeinig über dem kopf vom liegenden don. der hat die augen weit offen und schaum am mundwinkel. vielleicht ist er krank, denke ich und daß ich ihm vielleicht helfen müsste, aber heute hab ich da überhaupt keinen bock drauf, kann mir gar nicht vorstellen, was das für ein gefühl ist, jemandem helfen zu wollen. kann mir nur vorstellen, wie es ist, ihn anzupinkeln. voll freakig und wohlig, wie g.g.allin, warmes rock'n'roll gefühl, wie dead boys, wie iggy, wie acdc, wie ramones und motorhead, turbonegro, social distortion, misfits, spermbirds und slime. ganz euphorisch werde ich davon. wie früher, mit sechszehn, eierlikör im hobbykeller von den nachbarn. dann metaldisco mit laserlight und alle im kreis mit den haaren am schwingen. sehr schön kann das sein. ich hab nur immer zugeschaut. wie beim sportunterricht. beim sport hat sich auch einmal eine angepinkelt, vor lauter angst. war ich aber nicht, ich war zwar unten in der hackordnung, aber auch bockig. war punk irgendwann, das war auch besser, hab ich immer nur zigaretten vorgedreht auf der bank und nicht mehr gewartet, daß ich aufgefordert werde zum volleyball. ich steh also hier und will den don anpissen, da packt mich plötzlich wer hart am arm, dreht den um, auf meinem rücken, daß ich schreien muss vor schmerz. krümme mich. aua. schreie. merke dadurch, daß der techno weg ist, musik aus. nichts mehr zu hören, außer einer stimme die schreit: alle an die wand! sofort! an die wand! mafia oder bullenschweine. muss schon wieder kichern. ihr habt so hübsche uniformen, da kommen eure hintern richtig gut zur geltung. hab ich nur gedacht. aber sind tatsächlich bullen, ganz viele, ne richtige truppe, mit helmen und schildern, rufen dauernd: alle an die wand! und hände an die wand! aber ganz ruhig! ich steh plötzlich auch an der wand. wie im film. vielleicht ist das ganze ein partygag, eine inszenierung, ich hatte schon von sowas gehört, fetish parties, sm und so und dann krieg ich mit diesen weißen kabelbindern die hände hinterm rücken vertäut. steh da rum, kann den kopf nicht weit drehen und nicht viel erkennen. eh auch blöd im kopf. dicht an meinem ohr sagt dann einer: los jetzt! bewegung! komm schon, baby, beweg deinen arsch!
im gänsemarsch werden wir zur blocktür rausgeführt und stehen da rum im aufgeschütteten sand vor einer ghettotonne, bis wir in eine olivgrünne wanne einsteigen müssen. das schweigen dick und kalt und zäh wie frostschutzmittel und trennungsgespräche und joy division, nur mir steigt immer noch kichern im hals hoch. ich glaube, wir saßen nicht ewig in diesem bus, es kam mir nur so vor. ich musste dringend pissen wie auf einer reise durch die sibirische steppe im sommer, 18 leute in dem kleinen bus mit gepäck für vierzig leute und ich hasse sie ich hasse sie ich hasse es es ist eng es stinkt es ist stickig heiß und fürchterlich ich muss auch nicht mehr lachen ich kann die beine nicht ausstrecken meine zehen nicht spüren mein rücken schmerzt und die kopfhaut auch aber ich kann nicht aussteigen weil ich sonst verdurste in der sibirischenen steppe im sommer im winter erfriere in der sibirischenen steppe ich hasse hasse die frau mir gegenüber mit der dicken tasche auf den dicken knien und ich hasse hasse den mann neben mir mit dem knoblauch und ich hasse mich daß, ich eine blöde weltreise machen wollte und dieses klischee, aber als der graue osten sich zu röten begann und der geheimnisvolle ernst und das feierliche schweigen der morgendämmerung allmählich in den jubelgesängen der vögel untergingen, nahm das schweigen einen fröhlicherern ton an und unsere stimmung stieg stetig, bis wir alle sangen, alle 18 mann im bus auf des totes mannes kiste, alte sklavenlieder, shantychöre und trancehymmnen, ich war so gerührt, daß ich weinte und das ganze leben und das reisen war plötzlich zum aushalten, aber dann gab es einen fürchterlichen knall, der bus wurde bis in seine eingeweide erschüttert und ich war überzeugt, sterben zu müssen, in einem befreiungsschlag einer raf-folge-und splittergruppe oder durch militante gentrifizierungsgegner oder so etwas in der art. draußen war rauch und schreie. die anderen saßen wieder schweigend starr auf den bänken, da war nichts zu erwarten, also öffnete ich ganz langsam und vorsichtig einen spalt weit die tür und lugte hinaus. rauch und niemand zu sehen. ich stand auf, schob die tür mit der schulter weiter auf, denn meine hande waren ja immer noch auf dem rücken zusammengebunden, hopste hinaus, stolperte, plumpste wie ein mehlsack auf den sand und landete schwer auf meiner rechten schulter, die heute noch schmerzt, wenn es feucht und kalt ist. ich robbte ein wenig durch den sand, vom auto weg, ich hatte immer noch angst, es könne gleich explodieren. ich hatte angst, in den rücken geschossen zu bekommen. eine urangst in bezug auf bullen. hinterrücks erschießen sie dich, das geht ganz schnell. was kann mir schlimmeres geschehen, asl das, was mir geschehen wird? außer körperlichen schmerzen fürchte ich nichts. die moral hängt nur mit einem faden an mir. trotzdem, ich habe angst. ich kroch zitternd unter einen busch. die bullen standen im kreis um ein polizeimotorrad herum, dessen kühltank explodiert war, milchige flüssigkeit tropfte von ihren helmen und uniformen langsam auf ihre blankpolierten schaftstiefel. aufgeregt steckten sie die köpe zusammen, fluchten und dachten sich geschichten aus- sie beachteten mich nicht und sonst auch nichts. ein guter moment für flucht. ich nutzte ihn.
eine straße mit straßengraben, die an schienen entlang führte, alle paar hundert meter betonpoller und komische schildern, zoll- grenzschutz und winterwars, links und rechts von einem hohen maschendrahtzaun gesäumt, damit man sich nicht auf die schienen legen konnte. ich konnte keinesfalls rüberklettern. also rannte ich die ersten meter immer weiter einfach geradeaus, verfiel dann in ein schnelles traben und achtete darauf, in der nähe des straßengrabens zu bleiben, um reinspringen zu können, falls der feind mich verfolgen sollte. nach zeit, die mir ewig vorkam, bekam der zaun immer mehr und größere lücken und lag schließlich niedergetreten am boden, so daß ich rüberklettern konnte. ich stand auf einer rissigen betonfläche, weitaus größer und langgezogener als das heiligengeistfeld, groß wie eine landebahn. am horizont konnte ich die umrisse eines gebäudes erkennen und beschloß, darauf zuzulaufen. überall auf dem beton lagen rostige metallteile, selsam geformt und in riesigen brackigen wasserlachen spiegelte sich der schwefelgelbe vollmond. irgendwo schrie eine möwe. ich wurde vollkommen ruhig.
wenn der himmel brennt
wenn der himmel brennt dann wach ich auf
wenn der himmel brennt dann hau ich drauf
wenn der himmel brennt dann bin ich da
wenn der himmel brennt dann ist alles klar
das wiederholte ich, bis ich fast das gebäude erreicht hatte. zwischendurch hatte ich befürchtet, es sei nur eine fata morgana, denn ich schien kaum näher heranzukommen. aber der weg war wohl einfach weit und zusehends von toten tieren gesäumt. gebleichte kaninchenknochen, abgenagte krähenflügel und die eingeweide von dachsen oder füchsen oder so. unheimlich fast. aber endlich ragte das gebäude wie ein hochhaus vor mir auf. es war ganz aus stahl, ein gigantischer klotz, brutal und majästetisch und mit dem klobigen rumpf unverkennbar ein riesiges schiff. ein containerschiff.
ich lief an seiner seite entlang, um einen eingang zu finden, fand aber nur ein langes tau, das herabhing. unmöglich, mit meinen auf dem rücken geknebelten händen heraufzuklettern. ich setzte mich auf eine europlalette und merkte plötzlich, daß ich immer noch dringend pinkeln musste, also stand ich auf und versuchte, meine leggings herunterzuziehen, ohne meine hände , es war zum verzweifeln. ich wand mich hin und her und fluchte, hopste auf und ab und schließlich stolperte ich über meine eigenen blöden beine und fiel kopfüber in den kanal. ich sank und sank, und eine ziemliche panik erfasste mich. ich würde sicher wieder auftauchen, aber wie sollte ich die kaimauer wieder hinaufkommen, ohne die hände? ich kam ja im schwimmbad nichtmal den beckenrand hoch, clumsy.
aber es kam noch schlimmer. statt wieder hochgespült zu werden, hörte ich ein dumpfes wummern und wurde von einem wahnsinnigen sog erfasst, es sprudelte und brüllte und braunes wasser spülte durch mich durch, ich hatte kaum noch luft und konnte überhaupt nichts machen. das gewummer wurde immer lauter und lauter und endlich ging mir voller entsetzen ein licht auf. ich wurde direkt auf die rotierende schiffsschraube zugezogen! wie altes spülwasser in einer amerikanischen küche mit eingebautem hächsler im abfluß. immer schneller wurde ich mitgerissen und dann war nur noch brüllen in meinen schmerzenden ohren und schmerz in allen meinen knochen ich fiel fast in ohnmacht zerstückelt zerfressen von haien und liebe und alkohol und und zigaretten und hass und musik und gewalt und roher energie, danke, wipers! und kniff vor soviel emotion ergeben einfach die augen zu. plötzlich war eine totenstille. tot. ich bin tot, dachte ich, ziemlich unspektakulär. hatte ich eigentlich auch nicht anders erwartet.
also exakt neutral. keine liebe kein hass. exakt neutral.
ich ließ die augen geschlossen, ich spürte immer noch wasser um mich herum, aber es war warm und ganz ruhig mit kleinen blubberbläschen und das licht vor meinen augen färbte sich langsam rosa, ganz wunderschön. piiiiiiiiiiiip machte es. die flatline, ganz klar. piiiiiiiiiiiip. ewig ging das, voll nervig. und dann plötzlich mischte sich das piep mit geräuschen wie von wilden rolligen katzen nachts um fünf, man ist aufgewacht davon und denkt, die mitbewohner feiern eine orgie. in meinen ohren machte es laut plopp und grelles licht blendete mich trotz geschlossener augen. irgendetwas sog und zog und zerrte und mampfte und mahlte meinem armen körper und dann fiel ich erneut auf meine kaputte schulter. verdammt, ich dachte, der tod wäre nichts und man bräuchte sich nicht mit solchem quatsch wie schmerzen beschäftigen. ich stöhnte leise und wollte mit mit meiner linken hand nach dem schmerzpunk der schulter tasten, aber das ging ja nicht, die scheiß fesseln. also versuchte ich, einen fuß zu bewegen und die beine, konnte ich die beine bewegen? ich hob ein bein und einen fuß an, in die luft - jaaaaaaaaa!jaaaaaaaaaa!jaaaaaaaaaa! wieder dieses geräusch. es erinnerte mich an ein rockkonzert, ja, das jubeln und kreischen und klatschen und trampeln mit den füssen. stadtpark, life-aid oder nirvana, rammstein, die rollling stones, the who soetwas in der art. jaaaaaaaaa!jaaaaaaaaaa!jaaaaaaaaaa!
es ist an der zeit, die augen zu öffnen, außerdem muss ich husten. ich drehe mich auf den bauch und kotze mühsam ein menge kanalwasser aus, unter ständigem jaaaaaaaaa!jaaaaaaaaaa!jaaaaaaaaaa! ich setze mich mühsam auf und öffne vorsichtig die augen. das licht ist grell und bunt und blendet mich. ich sehe nichts. ich muss aufstehen, ich muss aufstehen, ich muss aufstehen, ich muss aufstehen. langsam rappele ich mich auf, falle ein paarmal wieder hin, robbe schließlich verdreht auf dem bauch liegend aus dem licht, schreie vor schmerz, auf dem boden überall glas, ich schneide mir den oberkörper und die arme auf, lange schnitte, geile narben. dann packt mich etwas plötzlich von hinten, fasst mich unter die achseln, rettungsschwimmergriff, zieht mich hoch und richtet mich auf. ich bin doch ertrunken! blut und wasser läuft in dünnen rinnsalen an meinem körper herunter, ich ziehe rotz hoch, huste und spucke auf den boden. versuche was zu erkennen, drehe den kopf. neben mir steht ein älterer, dicklicher mann in einem rosa anzug mit großen gelben punkten, topffrisur und riesiger sonnenbrille. der anzug ist wirklich psychedelisch. er sagt: I love you!!! dann fällt er mir um den hals. ich denke, ich spinne! voll der alptraum! es ist aber tatsächlich elton john. elton john fällt mir um den hals, nimmt dann meine hand in seine, verschränkt seine wurstigen finger um meine, verschlingt also sozusagen meine hand und reißt dann plötzlich roh unsere hände in die höhe. das geht gar nicht, die sind zusammengebunden. mit der anderen hand macht er ein victoryzeichen. 50.000 leute im stadion trampeln mit den füßen, machen eine laolawelle und rufen: danke eminem! danke elton! ihr seid schwul! ihr seid super!
ich blinzel noch immer geblendet von licht verstohlen zur seite, links, rechts, sehe aber keinen eminem. dann ist eltons brille plötzlich ganz nah, er gibt mir einen bruderkuss und flüstert in mein ohr, kleine spuckeflöckchen treffen mich: komm, wir müssen anfangen! ich kann nur irrtiert rotze hochziehen. hä?
plötzlich ertönt laute klaviermusik und es wird megahell. 80.000watt scheinwerfer werden auf mich gerichtet. ich höre nur noch ein wort: eminem! eminem! anfangen! und dann stößt mich elton john von sich weg, so daß ich in die mitte der bühne stolpere. er selbst begibt sich hinter einen gläsernen flügel und beginnt zu spielen. eminem! eminem! die leute lassen nicht locker. los em, fang jetzt an. mein kopf juckt, schweißt läuft mein gesicht herunter, das licht quält mich, mir wird übel und ich kotze wasser wie bier in einem langen strahl. 50.000 jubeln und rufen:
pete! pete! fang endlich an. punk rock! punk rock! heroin! england! tu's für kate! fang endlich an! fang endlich an! sie heizen mir richtig ein, ich fühle mich, als hätt ich k.o.tropfen im drink gehabt, ich bin ganz schwach und müde mir ist so übel ich will nur in ruhe gelassen werden und schlafen aufgeben. müde. müde hebe ich ein bein und lasse mich fallen. ich liege auf der bühne ich will schlafen. schlafen. immer nur schlafen. so müde. ruhe haben. schlafen. müde.
sid sid bitte wach auf was du sagst ist so verdammt unintelligent, man kann nichts verstehen, das ist zeitverschwendung, du kannst später schlafen, wonach suchst du nach dem feuer sid oh mein gott sid bitte versuch aufzuwachen, bitte verfickt verdammt wach auf und nimm die sonnenbrille ab wach verdammt nochmal auf willst du jetzt aufwachen bitte scheiße sid verdammt wach auf wach einfach auf
krank drei monatelang beim touren die ganze zeit du hast die zigarette aufs bett fallen lassen
was machst du verdammt du bringst es einfach nicht mehr schau dich mal an wie du aussiehst was du anhast schlimmer als johnny aber du bist toll willst du jetzt bitte aufwachen verdammt scheiße halt jetzt endlich die schnauze
halt die fresse anfangen! fang einfach an! laber nicht rum! fangt jetzt einfach an! spielen! spielen! los jetzt jetzt gehts los ihr sollt nicht so dumm rumlabern studikacke das ist rock punk rock anfangen jetzt!


(Itty schreit und wälzt sich scherbenfroh auf der Bühne.
Sailorboy Grimm steigert den Noise.
Nebel.
Strobo.
Captain Legasto inmitten toter Möwen.)


ENDE